Was macht einen Garten zum Garten? Blumen, Gemüse, Grünfläche, ja, aber ohne die Abgrenzung zum Außen gibt es keinen Raum, der genutzt und gestaltet werden kann; der Garten als privater Ort schließt das öffentliche Leben aus. Im Lexikon heißt es: "Garten, ursprünglich das durch Zäune aus Gerten vor der umgebenden Wildnis eingehegte und bestellte Land." Und Hecken sind die schönsten Zäune, finde ich.
Sie schützen vor Eindringlingen und vor ungebetenen Blicken, sie sind ästhetisch wirkungsvoll und bilden eine eigene Welt: Hecken bieten unzähligen Tieren Unterschlupf, vom Insekt über den Vogel bis zum Säugetier. Nicht nur Amseln brüten dort gern; eine Efeuhecke bietet Bienen noch spät im Jahr Futter, weil das Immergrün erst ab September bis in den Oktober blüht, wenn viele Pflanzen bereits abgeblüht sind. Und Igel heißen im Englischen nicht umsonst Hedgehog, Heckenschwein: Sie lieben Hecken.
Abwehr von Prinzen und wilden Tieren
In der Vergangenheit waren dornenbewehrte Büsche sehr beliebt für die Heckenanlage: Weißdorn und Heckenrose zählen dazu. Eine Mischung daraus erzielt Nato-Draht-Qualitäten. Wie unüberwindbar Dornenhecken sein können, mussten schon die Prinzen, die Dornröschen retten wollten, schmerzhaft erfahren. Ohne Zauberei ist da kein Durchkommen. Dornige Gehölze, gemischt mit ineinander geflochtenen Ästen von Hainbuche oder Hasel, können einen nahezu undurchdringlichen Wall bilden, der sogar gegen Wölfe wirksam sein soll.
Wenn man liebestrunkene Jungmänner, böse Buben oder wilde Tiere vom Eindringen aufs eigene Grundstück abhalten will, weil man zum Beispiel in einer sehr abgelegenen Gegend wohnt, dann empfiehlt sich vielleicht eine Hecke der ganz konservativen Art. Aber für Stadtbewohner, denen Hecken vor allem als Grundstücksmarkierung und Sichtschutz dienen, sind zartere Heckenpflanzen völlig ausreichend. Ich persönlich halte gar nichts von Dornengewächsen in der Hecke (oder sonstwo im Garten) - zu schmerzhaft, zu hinterlistig. Mir reichen die widerhakigen Abfälle, die auf meine Beete fallen, wenn der Nachbar einen Busch an unserer Grundstücksgrenze schneidet, den ich nur den Gefängnisstrauch nenne.
Die Hecke als Insektenrestaurant
Mischhecken sind ökologisch vielleicht am wertvollsten, weil die verschiedenen Sträucher zu unterschiedlichen Zeiten blühen und die Anlage so lange als Insektenrestaurant funktioniert. Sie benötigen allerdings ziemlich viel Platz (drei bis vier Meter Wuchsbreite), und sie zu pflegen bedeutet auch etwas mehr Aufwand als zum Beispiel eine Buchenhecke. Mein Garten wird nach vorne von einer abgegrenzt, sie wird nur einmal im Jahr leicht gestutzt.
Es gibt Leute, die finden, Hecken seien generell zu arbeitsintensiv. Dabei kommt es auf das gewünschte Ergebnis an. Wenn man ein abgezirkeltes Heckenlabyrinth erhalten möchte, muss man sehr viel daran arbeiten, schneiden, stutzen. Aber einen Zaun muss man ja auch pflegen. Ist er aus Holz, benötigt er hin und wieder einen Anstrich, ist er aus Draht, müssen Teile regelmäßig erneuert werden. Gut, man kann sich etwas Verzinktes hinstellen, das bedarf weniger Pflege, aber ist das auch attraktiv? Außerdem entfällt beim Stahlzaun die Sichtschutzfunktion. Ich bleibe dabei: Die schönsten Zäune sind grün und lebendig.
Die beste Pflanzzeit ist der Herbst.
Genug Platz einplanen, damit die einzelnen Gehölze sich gut entwickeln können, und deren unterschiedliche Pflanztiefen beachten. Gut wässern und mulchen.
Bei der Wahl der Pflanzen auf verschiedene Blühzeiten achten. Von Zaubernuss über Forsythien bis Sommerflieder ist vieles möglich. Baumschulen stellen gern eine Auswahl von Heckenpflanzen zusammen.
Immergrüne Pflanzen mit einbauen (zum Beispiel Glanzmispel oder Kirschlorbeer), damit die Hecke im Winter ansehnlich bleibt. Für die kalte Jahreszeit attraktiv ist auch Hartriegel mit seinen farbigen Zweigen.
Meinen kleinen Garten schmücken und schützen dreierlei Hecken: die Buchenhecke, eine Hecke aus Kirschlorbeer und eine Efeuwand, die einen Holzsichtschutz begrünt. Um es ganz deutlich zu sagen: Ich lasse schneiden. Weder mein Mann noch ich haben den Ehrgeiz, mit einer Heckenschere, die auch als Mordinstrument taugen würde, auf einer drei Meter hohen Leiter zu balancieren. Von der Mühe, das Schnittgut zu entsorgen, ganz abgesehen.
Einmal Efeu, immer Efeu
Wenn sich im Frühjahr das zarte Grün der Buche zeigt, ist der winterlich braune Anblick gleich vergessen. Die Hecke ist sehr alt und breit, wirklich kahl sind die Äste nur für kurze Zeit, die letzten trockenen Blätter werden erst von den frischen verdrängt. Bis Ende Juli lassen wir alle Hecken völlig in Ruhe, dann werden überstehende Zweige gekappt.
Ein starker Rückschnitt von Hecken und Gehölzen ist von März bis September in Hamburg verboten: zum Schutz der Vögel, die dort brüten könnten. Diese Schutzzeiten variieren etwas von Bundesland zu Bundesland und sind unbedingt einzuhalten, nicht nur weil Strafgelder drohen. Es gibt kaum etwas Traurigeres als ein vorzeitig verlassenes Vogelnest, meist meiden die Tiere diesen Platz auch zukünftig.
An der hinteren Stirnseite des Grundstücks steht eine Reihe Kirschlorbeer, ein zu Unrecht verschrieenes Gewächs. "Hässlich" und "spießig" finden manche den immergrünen Busch, "künstlich" sehe er aus. Kirschlorbeer kann genau wie Buchs stark formgebend geschnitten werden. Vielleicht rührt daher sein schlechter Ruf: Grüne Pyramiden, Kugeln oder Quader sind im Privatgarten ein bisschen aus der Mode gekommen. Wir lassen ihn wachsen, wohin er will, solange er die Terrasse nicht blockiert. Kirschlorbeer, der eher mit der Kirsche als mit dem Lorbeer verwandt ist, ist robust und trockenverträglich, Insekten aller Art schätzen ihn, entsprechend beliebt ist er bei Vögeln.
Die Efeuwand an der Grenze zum Nachbarn ragt an die vier Meter am Sichtschutz hoch. Manchmal fürchte ich bei Sturm, die Konstruktion könnte stürzen. Dann wieder verfluche ich den Efeu, weil er sich tenktakelhaft überall hin ausbreiten. Efeu, so sagt der Fachmann, ist starkwüchsig. Das kann ich bestätigen. Wenn ich ihn ließe, würde er wohl den ganzen Garten überwuchern.
Er hat auch die schlechte Angewohnheit, kurz (oder lang) in der Erde ab- und an ganz unmöglichen Stellen wieder aufzutauchen. Ich umklammere dann mit beiden Händen einen Trieb, der erstaunlich reißfest ist, und ziehe schweißgebadet dieses Ungetüm zum Beispiel aus meinem Funkienbeet. Wer sich Efeu in den Garten holt, wird ihn kaum wieder los. Aber alles in allem liebe ich die Efeuhecke. Sie ist auch im Winter grün, bietet zuverlässigen Sichtschutz – und seit neuestem auch einem Igel ein Zuhause.
August 16, 2020 at 01:03PM
https://ift.tt/3auuJ2f
Der Wurm drin - die Gartenkolumne: Ein Hoch auf die Hecke - DER SPIEGEL
https://ift.tt/2VCmv1y
Garten
No comments:
Post a Comment